Seit der Zinswende im Jahr 2022 hat sich das Baufinanzierungsgeschäft in Deutschland erheblich verändert. In den Jahren 2017 bis 2021 gab es einen stetigen Anstieg des Herauslagevolumens, aber seit Mai 2022 gab es zehn aufeinanderfolgende Monate mit einer stark rückläufigen Kreditnachfrage. Im Februar 2022 gab es nur ein Neugeschäft von zwölf Milliarden Euro, was das niedrigste Niveau seit 2005 war. Bankexperte Steven Kiefer von der Strategieberatung Simon-Kucher analysiert, ob der von der Bundesbank berichtete Anstieg des Neugeschäfts um fast 27 Prozent im März eine mögliche Trendumkehr zeigt.
Die kürzlich von der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Statistik zur Entwicklung des Herauslagevolumens von Wohnungsbaukrediten an private Haushalte zeigt einen deutlichen Anstieg der Nachfrage im März im Vergleich zum Februar. Im Februar konnten deutsche Kreditinstitute nur rund zwölf Milliarden Euro Neugeschäft in der Baufinanzierung abschließen, während im März mehr als 15,2 Milliarden Euro zu verzeichnen waren. Viele Marktteilnehmer sehen hierin ein mögliches Indiz für eine nachhaltige Trendumkehr in der Baufinanzierung und den Beginn einer Rückkehr auf altbekannte Wachstumspfade. Doch eine Analyse der zugehörigen Zeitreihe der Deutschen Bundesbank zeigt, dass das Herauslagevolumen von Wohnungsbaukrediten durch deutsche Banken saisonalen Schwankungen unterliegt. Der Monat März war in der Vergangenheit ein traditionell ausgesprochen guter „Baufinanzierungs-Monat“ und ein starker Anstieg des Herauslagevolumens im Vergleich zum Vormonat Februar war bereits regelmäßig zu beobachten. Ob es sich also „nur“ um einen saisonalen Effekt oder tatsächlich um den Beginn einer Trendumkehr handelt, wird sich frühestens mit Vorlage der Ergebnisse des Monats April zeigen.
Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die daran geknüpfte Nachfrage nach Baufinanzierungskrediten bleiben weiter unsicher und schwer zu prognostizieren. Daher sollten Banken vermeiden, sich für ein erfolgreiches Baufinanzierungsgeschäft allein auf externe und nicht selbst beeinflussbare Faktoren zu verlassen. Stattdessen sollten sie gerade in unsicheren Zeiten Wachstumshebel aktivieren und stabilisieren, die im eigenen Wirkungskreis liegen. Eine kundenzentrierte Preis- und Produktpolitik spielt dabei eine Schlüsselrolle. Margenausweitungen von wenigen Basispunkten können durch ein optimiertes Pricing erhebliche Rückgänge beim Herauslagevolumen im Ertrag kompensieren. Simon-Kucher & Partners Strategy & Marketing Consultants GmbH ist eine globale Unternehmensberatung mit Fokus auf Strategie, Marketing, Pricing und Vertrieb und beschäftigt mehr als 2.000 Mitarbeiter in 30 Ländern weltweit.